Die Entwicklung der Leselern-App "Kuno taucht ab" mit Unity: Ein Blick hinter die Kulissen
Die App "Kuno taucht ab" ist ein interaktives Abenteuer, das Kindern ab 5 Jahren auf spielerische Weise und selbstmotiviert in die Welt des Lesens eintauchen lässt. Im Oktober 2024 wurde sie mit dem "Pädagogischen Medienpreis 2024" ausgezeichnet:
Vorstellung App "Kuno taucht ab" - Ein Leseabenteuer zum Mitmachen
In diesem Artikel werfen wir einen Blick hinter die Kulissen der Entwicklung dieser interaktiven Lese-App mit Unity und betrachten die Herausforderungen bei der plattformübergreifenden Ausspielung für iPad und Android-Tablets.
Von der Idee zur App – Ein interdisziplinäres, partizipatives Projekt
Das Ziel von "Kuno taucht ab" ist es, Kindern einen selbstmotivierten, selbstwirksamen Zugang zum Lesen zu ermöglichen. Dazu wurde zusammen mit den Erstlesenden im Sinne eines partizipativen Ansatzes ein spannender und motivierender Plot vor schöner Kulisse entwickelt: Kuno, der Tauchkater, führt sie durch eine spannende Unterwasserwelt und regt sie dazu an, Wörter und Zusammenhänge zu erforschen.
Das Projekt entstand aus der Zusammenarbeit von Pädagogik und Informatik und wurde in engem Austausch und der Mithilfe der Zielgruppe – den Kindern selbst – entwickelt. Dabei flossen sowohl technische als auch pädagogische Erkenntnisse ein, um ein unterhaltsames Spiel- und Lernerlebnis zu schaffen.
Kuno taucht ab - die App kurz vorgestellt
Ziel der App ist es, das selbstmotiviertes Lesen zu fördern, indem die Kinder in einer ansprechenden, benutzerfreundlichen und interaktiven Umgebung in ihrer eigenen Geschwindigkeit lesen lernen können, zunächst in Begleitung von Erwachsenen, später auch alleine. Kuno lädt die Kinder ein, ihn bei seinem Abenteuer zu begleiten, interaktive Rätsel zu lösen oder zu bestimmen, wie es in der Geschichte weitergehen soll. Das motiviert und führt dazu, dass die Kinder sich als höchst selbstwirksam erleben.
Das Besondere ist, dass sie durch den spielerischen Zugang gar nicht merken, wie viel sie lesen. Durch den Fokus auf einen Basis-Grundwortschatz wird dieser intensiv geübt. Durch die Verzweigungen lesen Kinder ohne es zu merken Textpassagen freiwillig mehrfach, und automatisieren dadurch ihre Worterkennungsfähigkeiten. Dadurch steigt die Lesegeschwindigkeit wie von selbst!
Einsatzbereiche der App
Die App ist durch die niederschwellige Gestaltung natürlich für das dialogische Lesen mit den Eltern, aber auch das selbstständige Lesen zu Hause geeignet.
Lehrkräfte und Kita-Fachkräfte können sie zudem auch in der Einrichtung nutzen, da zahlreiche Ansatzpunkte zur Sprach- und Schriftsprachförderung eingebaut wurden, basierend auf den aktuellen Bildungs- und Lehrplänen (z.B. Förderung der phonologischen Bewusstheit, Buchstabeneinführungen).
Auch Sprachtherapeutinnen und Sprachtherapeuten nutzen Kuno sowohl in der Therapie als auch als therapeutische Hausaufgabe (z.B. Ausspracheförderung).
Wahl der Entwicklungsplattform: Unity
Von Anfang an war klar, dass das Spiel auf mehreren Plattformen verfügbar sein sollte, um eine möglichst breite Zielgruppe zu erreichen sowie die Zugänglichkeit von allen Endgeräten sicherzustellen (Accessibility).
Unity setzte sich aus mehreren Gründen gegen andere Tools wie Flutter oder E-Book-Tools (z.B. TigerCreate, Book Creator) durch:
- Plattformübergreifende Entwicklung: Unity ermöglichte die einfache Bereitstellung der App für iOS, Android und sogar Web-Anwendungen. So konnte sichergestellt werden, dass "Kuno taucht ab" möglichst vielen Kindern zugänglich gemacht werden kann.
- Skripting in C#: Die Vorerfahrung des Teams mit der Programmiersprache C# spielte ebenfalls eine Rolle, da dies den Entwicklungsprozess erheblich beschleunigte.
- Flexible Designmöglichkeiten: Im Gegensatz zu anderen Tools erlaubte Unity die freie Verwendung von eigenen Schriftarten – ein wichtiges Kriterium, da Anlautschriften für das pädagogische Konzept der App unerlässlich sind.
- Interaktive Objekte: Unitys Event-System erlaubt interaktive Elemente mit auch an anderen Stellen wiederverwendbaren Animationen.
- Tools für den Export: Unitys integrierte Tools erleichterten den Export der Builds für den Apple App Store und den Google Play Store.
- Große Community: Unity bietet eine enorme Menge an Ressourcen und Unterstützung durch seine aktive Entwickler-Community. Dies erleichterte die Lösung technischer Herausforderungen.
In der letzten Zeit hat Unity mit der Einführung einer Runtime Fee für viel Diskussion gesorgt. Diese Gebühr wäre ab einer bestimmten Anzahl von Installationen fällig geworden und hätte das Geschäftsmodell vieler Entwickler beeinflussen können. Glücklicherweise wurde diese Gebühr inzwischen wieder abgeschafft und war für das Projekt "Kuno taucht ab" ohnehin nicht relevant, da es sich um eine App mit einer vergleichsweise kleinen Zielgruppe handelt.
Prototyping und Design
Der Entwicklungsprozess begann mit der Erstellung von Prototypen, um das Gameplay und die Steuerung zu testen. Hierbei stand die Benutzererfahrung im Vordergrund, insbesondere da sich das Spiel an Kinder richtet. Unitys 2D-Modus waren hierbei hilfreich, um eine realistische Unterwasserwelt mit angenehmen Steuerungselementen zu gestalten.
Die Grafiken wurden analog oder digital erstelllt, und über Bildbearbeitungs-Tools dann in Unity importiert. Die Animationen wurden direkt in Unity erstellt.
Eine der Herausforderungen bestand darin, die Szenen auf verschiedenen Bildschirmgrößen konsistent darzustellen. Unitys Anker- und Skalierungsfunktionen erwiesen sich dabei als äußerst nützlich.
Implementierung von Lerninhalten
Für die Integration von Lerninhalten wurden verschiedene interaktive Elemente entwickelt, die Kinder dazu anregen, Kunos Welt zu erforschen und dabei etwas zu lernen. Unitys Komponenten-basiertes System erleichterte die Implementierung dieser interaktiven Objekte. Mit Unitys Event-System konnten wir beispielsweise Trigger-Events erstellen, die ausgelöst werden, wenn Kinder eine Aufgabe richtig lösen.
Vorlesefunktion
Unbekannte Begriffe können sich Kinder durch Antippen einfach vorlesen lassen. Für diese Vorlesefunktion wurden alle vorkommenden Begriffe in den Szenen per Skript analysiert und einmalig mit einem Text-to-Speech-Dienst in Sprachdateien umgewandelt (zunächst mit dem Dienst Amazon Polly, aktuell Umstellung auf Elevenlabs). Zur Laufzeit der App wird dann die passende, mit der App ausgelieferte Datei abgerufen und abgespielt. Auf diese Weise ist keine Internetverbindung während der Nutzung der App erforderlich.
Anpassung an verschiedene Plattformen
Eines der größten technischen Probleme war die plattformübergreifende Ausspielung auf iOS und Android, vor allem in Bezug auf die unterschiedlichen Bildschirmauflösungen und -formate. Unitys Canvas-Scaling-System erwies sich hier als hilfreich, um die Benutzeroberfläche an verschiedene Bildschirmgrößen dynamisch anzupassen. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Touch-Steuerung, die für ein intuitives Benutzererlebnis auf Tablets optimiert wurde.
Für kleinere Geräte (Smartphones) wurde die App bewusst zum Wohle der Lernenden gesperrt, da durch die kleinen Schriftgrößen und Bedienelemente das Lesenlernen erschwert würde.
Für die Veröffentlichung mussten auch unterschiedliche Richtlinien der jeweiligen Plattform berücksichtigt werden, z.B. zum Datenschutz, Jugendschutz und den App-Berechtigungen.
Testen und Optimieren
Um eine hohe Qualität zu gewährleisten, durchlief "Kuno taucht ab" mehrere Testphasen, auch mit der Zielgruppe, verschiedenen Altersstufen und in verschiedenen Settings (zu Hause, Kita, Schule). Dabei wurde das Spiel auf verschiedenen iOS- und Android-Geräten getestet, um sicherzustellen, dass es auf allen Zielplattformen einwandfrei funktioniert und auch von Kindern gut bedienbar ist. Fehler wurden behoben und Optimierungen vorgenommen.
Einreichung und Vertrieb
Der Aufwand für die Veröffentlichung in den App-Stores konzentrierte sich vor allem auf die Erstellung von Marketingmaterialien wie Texte, Bilder und Videos. Die technische Einreichung war hingegen zwar langwierig, aber nicht sonderlich kompliziert. Die Umsatzentwicklung zeigte jedoch einen deutlichen Unterschied: Während die App im Apple App Store gute Erfolge verzeichnete, fiel der Umsatz im Google Play Store erheblich geringer aus, sodass die Entwicklung für Android fast nicht lohnenswert erscheint.
Hier geht es direkt zu den App-Stores:
"Kuno taucht ab" im Apple App Store
"Kuno taucht ab" im Google Play Store
Pädagogischer Medienpreis 2024
Im Oktober 2024 erhielt Kuno den Pädagogischen Medienpreis in der Kategorie „Angebote für Kinder“ – medienpreis24. Diese Auszeichnung ehrt das Projekt sehr!
Pädagogischer Medienpreis 2024 für die App "Kuno taucht ab"
Weitere Infos sowie die Bewertung der Jury finden sich auf der Seite des Medienpreises.
Unsere Erfahrung mit Unity
Die Entwicklung von "Kuno taucht ab" mit Unity war eine spannende Reise. Unitys plattformübergreifende Fähigkeiten und das umfangreiche Feature-Set ermöglichten es uns, ein ansprechendes und motivierendes Leseerlebnis für Kinder zu schaffen, das sowohl auf iPads als auch auf Android-Geräten gleichermaßen funktioniert. Die Herausforderungen, die sich bei der plattformübergreifenden Entwicklung stellten, konnten dank der Flexibilität von Unity erfolgreich gemeistert werden.
Zum Weiterlesen:
App "Kuno taucht ab. Leseabenteuer zum Mitmachen" (App für Apple iOS-/Google Android-Tablets)
Pädagogischer Medienpreis 2024 für die App "Kuno taucht ab"
Publikationen über die App:
- Reber, K. (2024): Praxistipp App „Kuno taucht ab“- Ein Leseabenteuer zum Mitmachen mit Schwerpunkt phonologische Bewusstheit & Aussprache. In: Sprachtherapie aktuell. Praxis, Beruf, Verband. Zeitschrift für akademische Sprachtherapie und Logopädie. dbs, Deutscher Berufsverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie 1, 10-14.
- Reber, K. (2024): Kuno taucht ab. Ein Leseabenteuer zum Mitmachen. In: Fördermagazin 1, 38/39.
- Reber, K./Schiefele, Ch. (2024): Leseabenteuer für alle: Mit der App „Kuno taucht ab“ zum Lesen motivieren. In: Deutsch differenziert, eingereicht.